Hand gegen Koje

Einige Hinweise und Tipps für diejenigen, welche das Abenteuer Blauwassersegeln erleben wollen

Mit meinem Einstieg in die Segelei hatte ich großes Glück. Ich hatte keinerlei Erfahrung mit dem Segeln und erst recht nicht mit dem auf hoher See. Die Vereinbarung “Hand gegen Koje” war ein Entgegenkommen des Eigners, der wusste, dass ich arbeiten kann und lernfähig bin. Er meinte: Es sind gute Leute in der Crew, welche Dir sicherlich alles beibringen werden, um ein guter Rudergänger zu werden. So ist es geschehen. Ich habe wie ein Verrückter gelernt, viel Hilfe bekommen und es hat großen Spaß gemacht. Zu unserer Vereinbarung gehörte aber auch, dass ich mich mit vorbereitenden Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten an den Schiffen beteilige.
Heute ist das nicht mehr so einfach. Die Anforderungen an einen Mitsegler sind höher geworden. Entweder man geht in eine Marina und fragt oder man sucht im Internet. Hier gibt es die verschiedensten Angebote für Mitsegel-Gelegenheiten und es werden viele gute Ratschläge sowie Erfahrungen vermittelt. Das Arrangement “Hand gegen Koje” hat sein Nischendasein hinter sich gelassen und wird von vielen Anbietern heute kommerzialisiert. An Mitsegler mit solch einem Arrangement werden berechtigt Anforderungen gestellt, welche je nach Art der vereinbarten Aufgaben variieren können. Eines haben alle gemeinsam: Der Aufenthalt an Bord wird durch Arbeit verdient, man muss teamfähig sein, die erforderliche Zeit haben und Erfahrung im Hochseesegeln mitbringen. Auch ist es nicht schlecht einige Scheine (Lizenzen) vorweisen zu können. Man wird dann gern angeheuert. Für die Blauwassersegelei gibt es eine ganze Menge an amtlichen Scheinen, die sich staffeln.

1997 von Minde (Dänemark) über Cuxhafen nach Las Palmas (Gran Canaria) begleiteten uns von Holland bis Portugal auch zwei Handwerksburschen (Zimmerleute) aus Österreich, welche sich auch mit viel Geschick an Holzarbeiten am Schiff beteiligten und ansonsten unglaublich fleißig waren. Alle Hand gegen Koje bis auf den Skipper Antonio (links im Bild). Sie verließen uns in Porto. Schließlich mussten sie wandern und nicht segeln. Ihr Ziel war Südamerika. Von links nach rechts: Antonio, Waldi, Hanna,  ich und Peter.

2018 von Ko Samui (Thailand) nach Pulau Tioman (Malaysia) beim abendlichen Sundowner. Es gab auf der SAMBA viel zu arbeiten. Besonders an der Maschine. Alle Hand gegen Koje bis auf den Skipper Franz. Ich wurde von Edi mit der heißen Kochmütze ausgezeichnet. Von links nach rechts: Walter, ich, Herbert, Franz und Edi.

1998 von St. Georges (Grenada) über Pointe-á-Pitre (Guadeloupe) und Faial (Azoren) nach Schilksee (Kiel). Es gab auf der CALYPSO viel zu arbeiten. Besonders das Nähen der mürben Nähte der Segel. Alle Hand gegen Koje bis auf den Skipper Antonio. Von links nach rechts: Werner, Antonio, ich und Max. 

Eines muss jedem klar sein, ganz so billig ist das Ganze auch nicht. Es kommt auf die Länge des Törns, die Anzahl der Crewmitglieder, welche sich die Bordkasse teilen und die zu befahrenden Breitengrade an. Muss man viel Motoren kostet das mehr für Diesel. Will man unbedingt im Pazifik europäisch kochen, dann kosten diese Produkte mehr, als die einheimischen Lebensmittel. Die Kosten setzen sich in der Regel aus den Reisekosten (Flug, Bahn, Taxi, Mietauto), anteilige Einzahlung in die Bordkasse (Liegegebühren, Verpflegungskosten, Ein- und Ausklarierungsgebühren (also das Liegegeld), Brauchwasser, Landstrom, Treibstoff, Gas sowie persönliche Ausgaben zusammen. Auch hält eine gute Seemannschaft den Skipper von der Bordkasse der Crew frei. Man sollte sich unbedingt sachkundig machen. Ein gemeinsamer Landausflug geht meistens auf die Bordkasse. Man kann einen Kaffee bei Starbucks trinken oder aber viel preiswerter in einem kleinen gemütlichen Cafe eines einheimischen Gastwirtes.
Eine weitere Voraussetzung für einen störungsfreien Törn ist, dass man seine Papiere in Ordnung hat. Also ein noch lange gültiger Reisepass, die erforderlichen Impfungen und für die oft strenge Immigration einen Rück- bzw. Weiterreisenachweis (Flugticket etc.). Des Weiteren empfiehlt es sich über ausreichende Geldmittel zu verfügen und auch Fremdsprachenkenntnisse zu besitzen. Zumeist reicht Englisch.
Eines muss klar sein: Jeder Mitsegler fährt auf eigene Gefahr. Es gibt nur die eigene Versicherung. Jeder Eigner wird sich jeglicher Ersatzansprüche entbinden. Also mit dem Eigner oder dem Veranstalter einen Haftungsausschluss vereinbaren. Das Mitsegeln ist eine Vertrauensfrage. Es ist deswegen auch problematisch, weil es oft vorkommt, dass plötzlich wildfremde Menschen bei beengten Verhältnissen und einem schwierigen anstrengenden Tagesablauf über längere Zeit zusammenleben müssen. Aber jeder sollte sich auf den Anderen verlassen müssen. Hier gilt das Motto: alle für einen - einer für alle. Das klappt leider nicht immer. Sympathie und Antipathie spielen dabei eine große Rolle.
Jeder wird von sich behaupten, dass er teamfähig sei. Ich kenne keinen, der das verneinen würde. Aber jeder hat seine Vorlieben, Befindlichkeiten und Erwartungen, sein Temperament und seine Verhaltensgewohnheiten. Hinzu kommen die unterschiedlichen Charaktereigenschaften. Es fällt manchem nicht leicht sich in der Gruppe einzuordnen und sich für eine gemeinsame Sache einzusetzen sowie die Autorität eines Einzelnen, eben der des Skippers, anzuerkennen. Dazu gehören auch Kompromissbereitschaft und Respekt vor der Persönlichkeit seines Mitseglers. Ich erlebte Missgunst und Neid, Mobbing und Abneigung. Aber ich fand auch, und das in der Mehrzahl, Freunde und echte Kameradschaft. Egal ob bei Männlein oder Weiblein.
Wir hatten einmal einen Psychologiestudenten als Mitsegler. Der war hellauf begeistert von der Möglichkeit, uns als Studienobjekt zu betrachten. 

Die "SY SAMBA" vor Sandy Island. Sie ist eine kleine, zu Grenada gehörende unbewohnte Insel der Kleinen Antillen in der Karibik direkt vor der Nordwestküste der Insel Carriacou. Romantik pur.

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